Job 29:2-30:31

Luther1545(i) 2 O daß ich wäre wie in den vorigen Monden, in den Tagen, da mich Gott behütete, 3 da seine Leuchte über meinem Haupte schien, und ich bei seinem Licht in der Finsternis ging; 4 wie ich war zur Zeit meiner Jugend, da Gottes Geheimnis über meiner Hütte war; 5 da der Allmächtige noch mit mir war und meine Kinder um mich her; 6 da ich meine Tritte wusch in Butter, und die Felsen mir Ölbäche gossen; 7 da ich ausging zum Tor in der Stadt und ließ meinen Stuhl auf der Gasse bereiten; 8 da mich die Jungen sahen und sich versteckten, und die Alten vor mir aufstunden; 9 da die Obersten aufhöreten zu reden, und legten ihre Hand auf ihren Mund; 10 da die Stimme der Fürsten sich verkroch, und ihre Zunge an ihrem Gaumen klebte. 11 Denn welches Ohr mich hörete, der preisete mich selig, und welches Auge mich sah, der rühmte mich. 12 Denn ich errettete den Armen, der da schrie, und den Waisen, der keinen Helfer hatte. 13 Der Segen des, der verderben sollte, kam über mich; und ich erfreuete das Herz der Witwe. 14 Gerechtigkeit war mein Kleid, das ich anzog wie einen Rock; und mein Recht war mein fürstlicher Hut. 15 Ich war des Blinden Auge und des Lahmen Füße. 16 Ich war ein Vater der Armen; und welche Sache ich nicht wußte, die erforschete ich. 17 Ich zerbrach die Backenzähne des Ungerechten und riß den Raub aus seinen Zähnen. 18 Ich gedachte: Ich will in meinem Nest ersterben und meiner Tage viel machen wie Sand. 19 Meine Saat ging auf am Wasser; und der Tau blieb über meiner Ernte. 20 Meine HERRLIchkeit erneuerte sich immer an mir; und mein Bogen besserte sich in meiner Hand. 21 Man hörete mir zu, und schwiegen und warteten auf meinen Rat. 22 Nach meinen Worten redete niemand mehr; und meine Rede troff auf sie. 23 Sie warteten auf mich wie auf den Regen und sperreten ihren Mund auf als nach dem Abendregen. 24 Wenn ich sie anlachte, wurden sie nicht zu kühn darauf, und das Licht meines Angesichts machte mich nicht geringer. 25 Wenn ich zu ihrem Geschäfte wollte kommen, so mußte ich obenan sitzen und wohnete wie ein König unter Kriegsknechten, da ich tröstete, die Leid trugen. 30 1 Nun aber lachen mein, die jünger sind denn ich, welcher Väter ich verachtet hätte, zu stellen unter meine Schafhunde, 2 welcher Vermögen ich für nichts hielt, die nicht zum Alter kommen konnten, 3 die vor Hunger und Kummer einsam flohen in die Einöde, neulich verdorben und elend worden, 4 die da Nesseln ausrauften um die Büsche, und Wacholderwurzel war ihre Speise; 5 und wenn sie die herausrissen, jauchzeten sie drüber wie ein Dieb. 6 An den grausamen Bächen wohneten sie, in den Löchern der Erde und Steinritzen. 7 Zwischen den Büschen riefen sie und unter den Disteln sammelten sie, 8 die Kinder loser und verachteter Leute, die die Geringsten im Lande waren. 9 Nun bin ich ihr Saitenspiel worden und muß ihr Märlein sein. 10 Sie haben einen Greuel an mir und machen sich ferne von mir und schonen nicht, vor meinem Angesicht zu speien. 11 Sie haben mein Seil ausgespannet und mich zunichte gemacht und das Meine abgezäumet. 12 Zur Rechten, da ich grünete, haben sie sich wieder mich gesetzt und haben meinen Fuß ausgestoßen; und haben über mich einen Weg gemacht, mich zu verderben. 13 Sie haben meine Steige zerbrochen; es war ihnen so leicht, mich zu beschädigen, daß sie keiner Hilfe dazu bedurften. 14 Sie sind kommen, wie zur weiten Lücke herein, und sind ohne Ordnung dahergefallen. 15 Schrecken hat sich gegen mich gekehret und hat verfolget wie der Wind meine HERRLIchkeit und wie eine laufende Wolke meinen glückseligen Stand. 16 Nun aber gießt sich aus meine Seele über mich, und mich hat ergriffen die elende Zeit. 17 Des Nachts wird mein Gebein durchbohret allenthalben, und die mich jagen, legen sich nicht schlafen. 18 Durch die Menge der Kraft werde ich anders und anders gekleidet; und man gürtet mich damit wie mit dem Loch meines Rocks. 19 Man hat mich in Kot getreten und gleich geachtet dem Staub und Asche. 20 Schreie ich zu dir, so antwortest du mir nicht; trete ich hervor, so achtest du nicht auf mich. 21 Du bist mir verwandelt in einen Grausamen und zeigest deinen Gram an mir mit der Stärke deiner Hand. 22 Du hebest mich auf und lässest mich auf dem Winde fahren und zerschmelzest mich kräftiglich. 23 Denn ich weiß, du wirst mich dem Tode überantworten; da ist das bestimmte Haus aller Lebendigen. 24 Doch wird er nicht die Hand ausstrecken ins Beinhaus, und werden nicht schreien vor seinem Verderben. 25 Ich weinete ja in der harten Zeit, und meine Seele jammerte der Armen. 26 Ich wartete des Guten, und kommt das Böse; ich hoffte aufs Licht, und kommt Finsternis. 27 Meine Eingeweide sieden und hören nicht auf; mich hat überfallen die elende Zeit. 28 Ich gehe schwarz einher, und brennet mich doch keine Sonne nicht; ich stehe auf in der Gemeine und schreie. 29 Ich bin ein Bruder der Schlangen und ein Geselle der Straußen. 30 Meine Haut über mir ist schwarz worden, und meine Gebeine sind verdorret vor Hitze. 31 Meine Harfe ist eine Klage worden und meine Pfeife ein Weinen.